Ich liege jetzt seit 2 Stunden wach und möchte meinen kleinen Energiefleck hier gar nicht mehr verlassen. In mir wabert das Wochenende und der Persona of Passion Workshop noch nach. Aber ich stehe mal auf, um diesen Blog zu verfassen.
In meinem Inneren wohnen nun wundervolle Bilder von Menschen, Körpern, Stoffen und Texturen. Ganze Szenen, bewegt und unbewegt, sind eingefangen. Stellt es euch vor wie ein kleines Stück aus meinem Fühlen – ausgebreitet vor euch, bereit betreten zu werden.
Wahrscheinlich ist dieser Eintrag sehr parteiisch, da ich sowohl Marilyn Nova White als auch Lina Orlando persönlich kenne. Sie sind wundervolle Menschen und ich konnte es kaum erwarten, einen von ihnen gestalteten Workshop zu besuchen. Soweit ich gehört habe, war ich sogar die erste angemeldete Person. Tja nun ✨✨✨ Dann lasst mich mit Stolz geschwellter Brust berichten.
Ich versuche in diesem Blog so gut es geht Spoiler zu vermeiden, indem ich in der Rahmenhandlung des Workshops vage bleibe und diese verschleiere. Solltet ihr also am Ende denken: “Hä, was ging da bitte ab?!" "Was auch immer es war, ich will das auch!”, dann habe ich alles richtig gemacht.
Damit ihr die Chance habt, einen kleinen Einblick in meine Headspaces zu ergattern, werde ich diese auch kurz vorstellen. Es wäre mir eine Freude, wenn ihr euch die zugehörigen Songs anhört, da sie die Aura der Charaktere noch besser einfangen können als meine klumpigen Worte.
Vorbereitung und kleine Erfolge
Um mit einem persönlichen Triumph zu starten, will ich berichten, dass ich erfolgreich gegen den sich früh ankündigenden Butcher-Headspace angekommen bin. Keine Kleinigkeit in meinem Körper-Kosmos.
Wir erhielten in der Workshop-Infomail die Aufgabe, Bilder von Idolen mitzubringen. Diese konnten aus unserer Jugend, der Zukunft, unserer chosen family, der Performance-Welt und vielem mehr stammen, sowie menschlich oder nicht menschlich sein. Sie sollten zur Inspiration für Sexualität, Gender, körperlichen Ausdruck, Spiel und Freiheit, Freigeist und/oder Unabhängigkeit dienen.
Eine kurze Bilderkärung von links nach rechts:
- Mads Mikkelsen als Nigel: Der einzige Mann, der auch noch im Dackelshirt hot aussieht. Dazu muss man wohl den Film “The Necessary Death of Charlie Countryman” gesehen haben 😉 Not gonna spoil. Am besten den Film auf Englisch genießen.
- Mads Mikkelsen als Hannibal Lecter: Ich bin seit Anno Dazumal Thomas Harris Fan und das ist definitiv meine liebste Verkörperung von Hannibal. Den Charakter “Francis Dolarhyde” hätte ich wohl auch mitnehmen können!? Ist eigentlich mein liebster Charakter in den Romanen...Hm! Dazu später mehr…
- Faye Valentine: Idol aus meiner Teenie-Zeit. Sie ist einfach super hot, spicy, hat eine coole Backstory und diese Capture-Szene mit dem Messer bleibt mir für immer im Gedächtnis.
- Femboi me: Mein Femboi-Self mag andere Fembois gar nicht und konnte keine passende Inspiration finden 🤣 Er war also der Meinung, Fotos von sich selbst zu nehmen...Well, you do you. Der Headspace ist noch sehr unerforscht, macht mir aber sehr viel Freude. Vielleicht eine sehr spielerische Weiterentwicklung von Little.
- Orange Katze: Petplay Reasons. Ich wäre wirklich gerne als Katze zur Welt gekommen. Sie sind für mich DAS Symbol von Freiheit und aktiver Grenzwahrung.
Schon als ich begann, nach Bildern für die Persona-Gestaltung zu suchen, drängte sich meine liebste dunkle Gestalt in den Vordergrund. Es musste auch unbedingt eine neue passende Hose gefunden werden, die Kunstblut aushält, sowie ein Hemd, dem ich nicht nachtrauern würde. Lacklaken und Blut waren bereits vorhanden und mussten nur eingepackt werden. Mein Gepäck wuchs und wuchs, bis ich am Ende einen Koffer und ein 7 kg Paket hatte. Das Paket schickte ich an eine Packstation und musste es so nicht im Zug befördern. Trick 17!
Während ich nach Bildern zum Ausdrucken für die anderen Headspaces googelte, entstanden jedoch andere Gedanken. Ein anderer maskuliner Headspace wollte Gestalt annehmen: “Vee” (gesprochen wie der englische Buchstabe “V” oder Deutsch “Wie”) trat auf.
Erst nach dem Workshop tauchte ich so richtig tief in diesen Space ein und erforschte seine Gedanken. Er ist nicht neu, ich habe ihn nur vor gut 13 Jahren langsam schlafen gelegt. Ihn umweht eine gewisse Mischung aus Kälte und Hitze gleichzeitig, die in einer angespannten Aura gipfeln. Er ist der Typ, dem du maximal gefallen möchtest, der dir das Gefühl gibt, der einzig interessante Mensch auf dem Planeten zu sein.
Du bist aber eben auch sein Besitz, für wie lange auch immer. Irgendwie ist er auch krass hetero und bringt Männern eine gewisse Verachtung entgegen. Der Wunsch, Boxershorts zu tragen, ploppte bei meiner Exploration auch auf. Sehr spannend, diese alten Gefühle zu treffen.
Wenn ich mir die frischen Fotos von Vee ansehe, dann sieht er wie meine ideale männliche Traumgestalt aus. Okay, gut, schwarze Haare und helle Augen wären cooler, aber der Rest ist schon 10/10 😉 Dass ich mich selbst auf einem Foto anschmachte, habe ich auch lange nicht erlebt. Zellteilung oder Klone fände ich gerade sehr praktisch – aber ich schweife ab. Zurück zum Thema!
Black Rifle
KING 810
Notiz: Das sind Fake-Zigaretten. Ich rauche nicht, finde den Anblick aber schon sehr sexy. Ebenso Zigaretten auf anderen auszudrücken. Deswegen raucht dieser Charakter wohl. Ich bevorzuge es, wenn meine Herzensmenschen nicht rauchen.
Versteht mich nicht falsch, ich liebe es, in der Düsternis aufzugehen und Angst ins Spiel zu bringen. Trotzdem betrachte ich es als eine Schutzreaktion meinerseits, immer die aktive Rolle einzunehmen. Um das näher auszuführen, habe ich vor kurzem über meine Sehnsucht nach gutem D/s mit einer Person auf meinem Level berichtet. Deswegen fasse ich mich hier eher kurz.
Workshops neigen dazu, sehr gemischte Personenkreise anzuziehen: (un)blutige Anfänger, Kopfkino-Menschen ohne reale Play-Erfahrungen und weit gereiste Menschen auf der Suche nach Neuem/Mehr. Ich zähle mich zu der letzten Sorte, was leider oft dazu führt, dass Neulinge sich völlig überfordert fühlen und ich zunehmend das Gefühl entwickle, zu viel zu sein oder mich nicht zumuten zu können. Wenn ein Raum mich nicht halten kann, dann will ich mich lieber nicht zeigen. Das ist gepaart mit einer gewissen traurigen Arroganz, dass sich jeder betretene Space nicht richtig anfühlt.
Es war einfacher, mit einem dominanten Fear-Play-Headspace wie dem Butcher an den Start zu gehen und dann enttäuscht zu werden, als in eine submissive Rolle einzusteigen und wieder nicht das zu bekommen, was mein Herz erfüllt. Meine Worte vermögen kaum die unter der Oberfläche aufsteigende und vor sich hin brodelnde Traurigkeit richtig einzufangen.
Doch damit ich im Zweifelsfall allen aufkeimenden Headspaces gerecht werden könnte, packte ich meinen Koffer mit Kleidung für alle – es sollte ja niemand außen vor sein.
Der Einstieg
Die Reise nach Leipzig verlief für mich problemlos. Schon im Zug gruselten mich die ersten Fetzen eines vertrauten Dialektes.
Es war reichlich sonderbar, in meine Geburtsstadt zurückzukehren. Alles war so anders als früher: sehr links, multikulturell und auch queer. Das hob mich einigermaßen aus den Schuhen. Was ist denn aus der weißen, vor rechtem Gedankengut aufquellenden Stadt, aus der ich geflohen bin, geworden? Ich wollte ja den Erzählungen nicht glauben und nun betrachtete ich sie selbst. Hm!
Eigentlich ein wirklich guter Ort für queere Workshops – nach Berlin, versteht sich. Diese Stadt voller Kunst und rationiert verteiltem radikalen Freigeist fühlte sich richtig an.
Der Workshop begann mit einem gemeinsamen Ankommen und Beschnuppern. Dieser Pfad ist vertraut und schon fast zur Routine geworden. Mein wirklich größter Fehler war es wohl in der Auftaktrunde zu berichten, dass ich mich in queeren Spaces nicht so wohl fühle. Dieses Statement musste ich dann immer wieder neuen Personen erklären.
Kurz gefasst:
Kurz gefasst: Queere Spaces sind oft ein Synonym für "Wir akzeptieren Frauen, Lesben, alles was keinen Penis hat und nicht ZU maskulin ist”. Ich bin Ex-Trans-Mann und heute nicht binär. Männer abzulehnen heißt auch, mich abzulehnen bzw. mich auf meine Vulva zu reduzieren und mich nur deshalb “voll cool” zu finden. Damit fühle ich mich nicht wohl.
Es sei gesagt, dass es durchaus wichtig ist, Schutzräume zu kreieren, denn Menschen mit Vulva haben einfach eine andere Lebens- und Leidensgeschichte hinter sich. Hier herrscht ein anderes Level von Verletzbarkeit und Achtsamkeit. Es können ganz andere kleine Pflänzchen genährt werden und erblühen. Der pure Vergleich mit Räumen, wo auch cis Männer anwesend sind, fühlt sich abstrus an.
Also ja: Es braucht sie, diese Spaces. Trotzdem begegne ich ihnen mit der gebotenen Traurigkeit ob der Ungleichheit von Menschen.
Ich mochte den ruhigen Einstieg in den Workshop: Alles fühlte sich entschleunigt und kuschelig an. Der Spagat die Frischlinge (Was für ein süßer Begriff!) nicht zu sehr zu verängstigen und dabei die Semi-Pros nicht auszubremsen gelang sehr gut. Es war schön diese Art von Körperlichkeit auszuleben, die mir in anderen BDSM-Räumen so fehlt, inklusive gemeinsamer Atmung.
Workshops sind für mich immer ein Tanz zwischen dem völligem Einlassen in Übungen und der sozialen Interaktion außerhalb. Es scheint für mich leicht, völlig im Spiel aufzugehen und genau zu wissen, was zu tun ist. Ich stehe souverän für jede Rolle ein. Und so ist es auch: Übung für Übung baute aufeinander auf und ich glitt mühelos in meine schöne Playspace-Energie, die ich “Universe” nenne. Dieser grenzenlose Ort des Wechsels von sinnlicher Hingabe und warmer Herrschaft tauchte wieder auf und ich vollends ein.
Instructions for Time Travel
(Recue Remix)
Robot Koch · Savannah Jo Lack
Jeder von uns trägt zwei Wölfe in sich…
… sie vögeln. Haha, was eine schöne Parabel.
Und so begann auch in mir der Kampf, welcher Headspace sich denn zeigen dürfte. Schließlich war der Höhepunkt des Workshops doch als Playparty geplant, wo unsere aufgebauten Personas die große kleine Bühne betreten durften.
Etwas in mir wollte immer wieder fliehen oder sich möglichst klein halten. Jede mögliche Emotion war da, immer dann, wenn ich allein im Bett lag. Die Dualität von erfüllenden Übungen und wachsender Vulnerabilität konnte nicht größer sein. Uff, Leben – so krass einfach. Aber auch schön, alles fühlen zu können.
Jeden Morgen sammelte ich mich und meine Logik zusammen, bereit mich wieder voll einzulassen. Ich schirmte mich jedoch ab und bereitete mich darauf vor, wieder in der aktiven Rolle zu spielen. Der erste Blick versprach schließlich keine Personen, die mich auf der submissiven Ebene ansprachen, oder doch? Ich mieser Teaser – dazu kommen wir erst viel später 😉 Lasst mich noch etwas mehr auf die Tiefe der gebotenen Elemente eingehen.
Eine Übung, die mich völlig zerfließen ließ, war auf Nähe und den langsamen Aufbau von Lust konzentriert: Eine wunderbare Meditationsreise, die mich in Tränen aufgelöst an einer Erdbeere saugend zurückließ. Ich spürte all die vermisste orale Stimulation und Macht, die diese infantile Handlung auf mich und meinen Körper hat. Ich konnte in diese Tränen eintauchen und sie einfach fließen lassen. Es war genug Platz im Raum.
Als wir ein passendes Ende für unsere kleine Frucht-Exploration finden sollten, entschied ich mich, die Erdbeere mitsamt den grünen Blättchen in mich aufzunehmen. Wie viel Kraft einfach in der Handlung des Aufessens und Verdauens liegt! Diese Erdbeere ist nun für ewig ein Teil von mir – verabschieden? Nein, nein, hehe.
Anschließend war ein Teil von mir aufgeweckt und die Traurigkeit präsenter als zuvor. Einige Male besänftigte ich die aufsteigenden Tränen durch meine Atmung. Weiter mit dem Tag!
Heute stand außerdem auf dem Plan, ein Pleasure-Mapping des eigenen Körpers zu erstellen. Dazu wurden Paare ausgelost – was ich als eine wunderbare Methode empfinde. Die Paarbildung und hektische Suche nach Konstellationen ist in anderen Workshops teilweise ein Graus. So genoss ich einfach abzuwarten, wer mit mir die Reise antreten würde. Gerne mehr davon.
Für diese Entdeckungsreise hatte ich mir einige meiner Toys zurechtgelegt – von sanft bis pieksig und hart. Mein Learning des Mapping war, dass ich Reize viel stärker wahrnehme, wenn ich sie selbst ausführe. Wenn andere mich bespielen, kommt es bei mir viel gedämpfter an.
In meine Reise sollte auch ein kleines Fledermaus-Tattoo eingebaut werden. Es hatte mich im Konglom der zur Verfügung gestellten Toys angefunkelt. Ein kleiner Anflug von Traurigkeit musste jedoch heruntergeschluckt werden, ob des lange vermissten und unerfüllten Vampirkinks. Ich ließ mir das Tattoo am Ende der Session aufkleben, als Highlight sozusagen. Es ist auch jetzt noch da.
Theatralik
Mit wenig Schlaf und von morgendlichen Träumen der Sorte “vermisste Personen” geplagt, schleppte ich mich in den folgenden Tag. Die Workshop-Zeit verging wieder wie im Flug und schon war der große Höhepunkt gekommen: Samstag, der Persona-Day. Wir hatten ja eine Vielzahl spannender Elemente von Spiel, BDSM und Körperlichkeit gelernt, sodass es Zeit wurde, unseren Charakter zu entwerfen.
So baute ich in den wundervollen, mit Theater-Elementen gespickten Übungen meinen Butcher-Headspace weiter aus und gab ihm eine Standbilder-Geschichte. Die Worte “Freiheit”, “Metamorphose” und “Blut” sollten die Meinen werden.
Für eine Übung des Fühlens und der Auslebung von Bewegungen war dieser Headspace nicht wirklich geeignet. Deshalb verbrachte ich viel Zeit mit Sitzen und Beobachten. Sehr zufrieden, wohlgemerkt. Die vielen Lust-Kreaturen vor sich hin wabern zu sehen, war wirklich interessant. Es gab Wesen, die ich zügeln wollte und andere, deren Weiterentwicklung und Formung meine Verzückung aufweckte. Was sie wohl zu tun in der Lage waren?
Beyond the Pale
Pain of Salvation
Dieser Charakter hat eben eine andere Art von Lust. Diese Art, in der kleine hübsche Vögelchen zerquetscht werden möchten, um sich an ihren Reaktionen zu ergötzen.
In meinen schlängelnden Gedanken keimte ein neues Bedürfnis auf – etwas, das ICH einfach nicht zu tun vermag. Es schlummert unterdrückt in der Stille der Anpassung: Jahrelang habe ich Menschen beneidet, die ihr Leid einfach herausschreien können. Deren Weinen nicht in erstickt-atemloser Stille stattfindet bzw. stattfinden muss.
Im Rahmen der Metamorphose, “Findet einen Übergang, der Standbilder, der sich richtig anfühlt [...] setzt auch Ton ein, werdet mal richtig laut!”, schaffte ich es, über die Schwelle zu treten. Freilich hat der Selbstverteidigungskurs einige Monate zuvor auch seinen Teil dazu geleistet. Wer hätte vermuten können, dass sich die eigene Stimme im Bauch finden lässt?
Nun hatte mein Butcher-Headspace doch das Gute, dass ich einen tiefen und wirklich lauten Schrei aus mir herauslassen konnte. Er war ungebändigt und so lang, wie er sein musste. Oh, was das für ein süßes Gefühl war – ich lächelte innerlich vor mich hin und schubste die Freudentränen erstmal weg.
Ich konnte also doch schreien – yay!
Viel später, bei der Endrunde, in der mich meine Emotionen überrollten, sprach ich nochmal kurz darüber, wie unglaublich powerful die Übung für mich war. Sie hat viel verändert. Und man, war ich heiser danach.
An dieser Stelle noch einmal eine Entschuldigung ob der Wucht meiner Emotionen an die Gruppe. Ich wollte nicht unbedingt zum Ende noch zig andere mit der Emotionsschwere mitreißen. Mir war es jedoch wichtig, meine Worte direkt persönlich an die Workshopleitung zu richten, damit sie auch verbal in ihrer vollen Bedeutung zu Tage treten können. Der Workshop hat einfach großen Impact gehabt.
Blut und Leben
Wer mich und meine Arbeit (Oh, kann man das bisschen Geschreibsel und Geknipse wirklich so nennen?) kennt, der weiß um meine Lust und Liebe für Blut. Meine Gefühle als Kink oder nur als eine Faszination zu bezeichnen, käme purer Untertreibung gleich.
Doch dieses Fetisch ist leider mit einer gewissen Einsamkeit verbunden: Zu wenige Menschen lassen sich auftreiben, die die gleiche Lust wie ich teilen und zu mir passen. Viel zu oft wurde ich enttäuscht und verletzt, auf der Suche nach meiner Lust. Blut ist für viele Menschen mit Ekel und Krankheit verbunden. Die Verknüpfung mit SVV wird ebenfalls zu oft gezogen. Dabei ist es zutiefst berauschend und beglückend in seiner leuchtenden Klebrigkeit. Diese Blutlust tritt auch bei mir nur in Verbindung mit Freude, nicht etwa Depression auf. Meistens bin ich also gezwungen, all meine Gelüste auf Sparflamme zu halten.
Ich hatte gehofft, dass sich vielleicht bei diesem Workshop jemand findet, der sich auf mich und dieses Fetisch einlässt. Reduziert, in der Form von Kunstblut, for obvious reasons. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass sich so eine schwere Session nicht gut in eine freudige, lustvolle queere Playparty integrieren lässt.
Durch Zufall oder Vorsehung gab es in diesem Seminar aber eine Übung, in der es galt, sich erst dem Schmerz hinzugeben und diesen zu erforschen, um anschließend den eigenen Körper mit Farbe zu bemalen. Oh wow! War ich doch in den Tag gestartet mit einem Fluchtimpuls, füllte mich nun Spannung und Vorfreude.
Mittlerweile kenne ich meinen Körper gut und weiß genau, welche Flächen wo und wie bearbeitet werden möchten. So genoss ich meine kleine Pain-Session, um dann die ausgewählte Farbe zu betrachten. Ich wusste schon vorher, dass nur Rot in Frage käme.
Ich stupste mit den Fingerspitzen erkundend in der Farblache auf dem kleinen Tellerchen herum. Wollte ich das auf meiner Haut haben? Ich testete es an meinen Fingerspitzen aus. Das gefiel mir gut. Die Handflächen zusammenzudrücken ergab einen lang vergessenen und geliebten Anblick. Wow, wie schön. Langsam gab ich mich meiner Erfahrung ganz hin und zerfloss in der Freude, die mir wirklich lange gefehlt hat. Tränen liefen über meine Wangen, als ich mich mit der schönen Farbe bestrich. Zum Schluss fehlte noch meinem Gesicht etwas – dieser ganz besondere Griff um das Kinn. Vielleicht kennt ihr ihn? Ich wollte die Spuren in klebrigem Knallrot auf mir sehen.
Ein wirklich erfüllender Moment.
Als die Farbe getrocknet war, wusch ich mir schnell die Hände und schlüpfte in meine Kleidung. Den Weg zu meinem Apartment legte ich also noch in voller Lustbemalung zurück. Wie es mir gefehlt hat, in meiner Lust zu baden.
Ich finde es großartig, eine weitere Möglichkeit gefunden zu haben, Bloodplay nicht invasiv auszuführen. Bisher habe ich das vor allem in malerischer Form getan. Jedoch ist der eigene Körper nochmal ganz anders als schnödes Papier.
Die große Party
Nach meinem kleinen Blutritual und der gefühlten dreißig Minuten unter der Dusche, war ich unglaublich zufrieden mit der Welt. Ich hätte auch einfach in meiner Unterkunft bleiben und glücklich sein können. Aber nein, wir wollen ja alles erleben – also wieder hin.
Ich hatte schon am Tag zuvor im Sharing berichtet, dass ich wahrscheinlich nochmal die Persona wechsle. Der Butcher war auch gerade ganz befriedigt.
Wen sollte ich nun ins Spiel schicken? Ich entschied mich für Jay, meinen Femboi. Dieser kleine queere Kunststudent durfte sich in sexy Strümpfen auf High Heels präsentieren. Es fasziniert mich einfach, dass gerade die super femininen Outfits bei mir den Boi-Headspace herausholen. Ich fühle mich selten so maskulin wie in absolut feminin angesehener Kleidung.
Shut up and dance
WALK THE MOON
Jay ist ein sehr fröhlicher Subby-Headspace, in dem ich auch einfach mal scherzhaft vor mich hin springen und tanzen kann.
Diese Persona war also bestens geeignet für eine Party voller wunderbarer bunter Gestalten. So viel Support und Liebe habe ich selten in einem Raum erlebt. Da war einfach ein Überfluss an ehrlicher Freude aller Anwesenden über die unglaublich vielseitigen Wesen. Überall funkelte es vor sich hin. Applaus!
Nur war ich sehr wunschlos an den Start gegangen. Nach dem tollen Ritual hatte ich gar keine Bedürfnisse für Plays und wusste gar nicht so recht, was ich erleben wollte. Naja – fake it, till you make it und so 😉 Die anderen Headspaces sind ja eher auf Session-Planung ausgelegt. Dann eben schnell Universe eingewechselt und ein wenig in den Austausch gegangen.
Mein Auge war schon während des Dress-Up auf ein sehr spannendes Zauberwesen gefallen. Wir hatten bisher noch gar keine Übung zusammen erlebt. Wirklich nicht eine. Dieses Wesen war komplett außerhalb meines Radars geflogen. Bis jetzt! Sowohl das Outfit als auch ihre Präsenz zogen mich magisch an, deshalb pirschte ich mich vor und wollte gerne ein gemeinsames Spiel anstoßen.
Unser Play an sich enthalte ich euch mal frecher Weise vor, da ich (noch) keinen Konsens für die Erzählung dieser Geschichte habe, aber es sei euch so viel gesagt: Ich habe in meinem Leben noch nie ein dermaßen enthusiastisches “Ja” vernommen, als ich fragte, ob sie Lust hätte mir mit meinem Magic Wand einen Orgasmus zu schenken. Dieses überglückliche “Ja” war heilsam für mich. Auch das freudige Schnurren, als ich berichtete, dass ich dabei gerne auf den Knien sein würde, da ich super ungerne ein Seestern bin, ist mir im Gedächtnis geblieben. Es klang so, als hätte ich den richtigen Kink-Nerv getroffen und die Reaktion war ein “genau so will ich das – yeah”.
Es hat mir auch einfach gezeigt, wie wichtig es ist, sich Menschen zu suchen, die über ähnliche oder gleiche Gelüste verfügen. Menschen, die darin aufgehen, anderen Lust zu schenken.
Also hier nochmal explizit mein Dank an dich Lilith, das hat mein kleines Herz gebraucht und meine Schrödinger Libido angefacht.
Schlussgedanken
In vielen Momenten habe ich gespürt, wie sehr ich diese Orte queerer Begegnung brauche. Es liegen Welten zwischen einem solch zauberhaften Ort der Selbstfindung und den im Vergleich absolut vor Eintönigkeit und Begrenzung triefenden cis hetero dominierten Partys. Allein die Luft ist hier geschwängert von Konsens und Achtsamkeit – so dick, dass sie uns auszufüllen vermag, aufgesogen durch all die belebten Lippen.
Ich hatte mich ja schon umfassend damit beschäftigt, was in Swingerclubs vorgeht und für mich unstimmig ist. Nun fühle ich einmal um so mehr wie groß die räumliche Leere ist, die durch mehr queere Verkörperung gefüllt werden muss. Es braucht mehr Orte wie diesen, wo gemeinsam gelacht, gelernt, gewachsen und geliebt werden kann.
Ich bin ins Bett zurückgekehrt und möchte nicht aufstehen. Ich fühle mich sehr wohl in meinem kleinen Deckenkokon aus Lust. Die normale, schnöde Welt hat mich gar nicht verdient und ich werde mich noch so lange wie möglich entziehen.
Danke für diesen Workshop 💜
Abspann:
Andere Headspaces in Bildern
Ich habe gerade nicht das Bedürfnis, sehr viel zu diesen Headspaces zu schreiben, sie außen vor zu lassen geht aber auch nicht. Es wird dafür einen Ort geben. Stay tuned 🙂
Kitten
Animal
Neon Trees
Pushy Bottom
(Hat noch keinen richtigen Namen)
Berzerkermode
Feuerschwanz