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Der F L I N T* Workshop mit Kristina Marlen

  • Beitrags-Kategorie:BDSM / Identität

Vor gut vier Wochen entschied ich ganz spontan mich für den FLINT* Workshop (F = female, L = lesbian, I = inter­sexual, N = non-binary, T = trans) von Kristina Marlen einzu­schreiben. Schnell bekam ich Antwort und freute mich unglaublich nach so langer Zeit wieder Menschen zu treffen. Genauso elektri­sierte mich die Vorfreude einer Reise quer durch die Republik. Darum will ich in diesem Blogeintrag von Modul 1 berichten. 

Mit gepackten Taschen ging es an einem regne­ri­schen Freitag Morgen auf den Weg. Ich wusste nicht genau was mich erwartet und...es war mir auch egal? Diverse Videos, Marlens Website und ihre gesamte Präsenz gaben mir allen Grund mich ohne den kleinsten Zweifel ins Abenteuer zu stürzen. 

Im Gepäck hatte ich keinerlei Erwar­tungen, einen Packen Neugier, ein Bündel Freude und ein Gefühl der Ruhe. 

Angekommen in Berlin verflog meine innere Ruhe zunächst ob der Menschen­massen, welche in der U‑Bahn umher flossen. Jedoch kehrte sie zurück, als ich mich auf den 30 minütigen Fußmarsch von meiner Unter­kunft zum Workshop-Ort machte. Dieser Laufweg hat mir für die nächsten Tage die Transition von Unter­kunft zu Workshop unglaublich angenehm gestaltet.

Gut versteckt fand ich den Workshop-Raum in einer unglaublich inspi­rie­renden Umgebung. Wenn ich eins in meinem badischen Wohnort vermisse, dann ist es eine künst­le­risch-freigeistige Aura. Ich fühlte mich also allein schon durch die Location angekommen. Herzlich begrüßt durch Marlens Assistenz Tanja konnte der erste Workshop-Abend also beginnen.

Von Grenzen und Brüchen

Mein größtes Interesse am Workshop lag in zwei Themen: Grenzen und Nähe. 

Oft fällt es mir schwer bei Menschen (die ich liebe) meine Grenzen aufzu­zeigen. Eigentlich fängt es sogar früher an: überhaupt zu spüren, dass da eine Grenze ist, diese zu benennen und anzusprechen. Ebenfalls spüre ich oft zu spät, dass ich gerade Emotionen anderer Menschen empfinde, nicht aber meine eigenen. Dazu gehört auch, mich von den Emotionen anderer Wesen abzugrenzen und bei mir zu bleiben.

Eben wegen dieser Work in Progress” Teile endete der erste Workshop-Tag für mich mit einer gebro­chenen Rippe, die ich allein zu verant­worten hatte. Wie das passiert ist? Nun keine Angst – der Workshop selbst ist ein absolut sicherer Raum und die Techniken alle ungefährlich. Ich war es, der über seine eigenen Grenzen ging und nicht sofort kommu­ni­zierte, dass zu viel Druck (Körper­ge­wicht) auf mich ausgeübt wurde. In dem Moment war ich in reinem, überwäl­ti­gendem Gefühl und wollte aushalten”. Meine Rippe sah das wohl etwas anders 😉 Marlen und auch meine Spielpartner*innen haben das ganze wundervoll gehandhabt. 

"Sei tapfer und
leide still"

Den anschlie­ßenden langen Fußmarsch im Niesel­regen legte ich sehr nachdenklich zurück. Zuerst begriff ich nicht, wieso mich der auftre­tende Schmerz in ein Tief brachte und von meinem Körper discon­nectete. Erst Tage später erkannte ich die Wichtigkeit dieses Erleb­nisses und was es mit Stille” zu tun hat. Ich lernte, dass aushalten können und darauf warten, dass mein Gegenüber irgendwann aufhört, keine Option ist. Da ich nicht an Zufälle glaube, bewerte ich diese Blessur als das wichtigste Geschenk, was ich mit nach Hause nehmen konnte. Es hat mir so viele Türen geöffnet und unbewusste negative Mantras ausge­löscht, die seit meiner Kindheit in mir waren. Ich kann jetzt gegen diese Worte bearbeiten. 

Die folgenden zwei Workshop-Tage verbrachte ich in großer Achtsamkeit: Jede Bewegung wollte ob ihrer Schmerz­haf­tigkeit hin geprüft werden. Der Boden war nun zu unbequem, um dauerhaft ein guter Begleiter zu sein. Ebenfalls konnte ich einige Übungen nur im Geiste begleiten. Genau darin lag aber auch eine Schönheit. Ich konnte mich an all den Emotionen im Raum nähren, diese aufsaugen und meinen Geist auf die gleiche (evolu­tionäre) Stufe stellen. Dabei spürte ich, wie ausge­prägt meine Vorstel­lungs­kraft sein kann.

Wir lernten im Workshop ganz wunderbar wie spielend Grenzen aufge­zeigt werden und wie leicht das Akzep­tieren einer Grenze angenommen werden kann. Während der folgenden Bewegungs­übungen konnte ich mich nun nicht mehr wie sonst auf meinen Körper verlassen. Jede neue Begegnung mit einer anderen Person bedeutete kurz zu erklären, wie mein Körper gut zu bewegen ist, welche Haltung und Stellung für mich Schmerzen bedeutet, und natürlich auch auftre­tenden Schmerz direkt zu kommunizieren. 

Ich denke im Nachhinein, dass meine Tanz‑, Nähe- und Berührungspartner*innen vom Kontakt zu einem Menschen mit Verletzung profi­tiert haben. Vielleicht sind sie nun ein Stück offener für Menschen mit Verlet­zungen, chroni­schen Krank­heiten und/oder Handicaps. Und ich mehr denn je. 

Eine Reise zu Nähe und Energie

Dieser erste Workshop-Teil wies uns immer wieder einen Weg in unsere Körper zurück. Bis heute beein­druckt mich die Mischung aus absolut logischer Abfolge und Freiheits­gefühl. Jede Übung baut auf die Andere auf und sorgt für ein leichtes Einlassen. Eigene Ruhepausen und die Möglichkeit auch eigene Stopps zu setzen machten die Atmosphäre angenehm. So frei war ich bisher nur in meinem Inner Circle – unglaublich, dass sich zufällig” Menschen mit so unter­schied­lichen Backgrounds zusam­men­finden und eine solche Freiheit entsteht.

Ich konnte fremde Körper mit meinen Sinnen, meinen Händen und meiner Haut berühren. Fremd und doch gemeinsam atmend, wie ein einziger Organismus. Ich vermochte zu spüren, bei welchen Menschen ein Funken entsteht und wie ich diesen nutzen kann. Verschiedene Wesen ermög­lichten mir so viele unter­schied­liche Berüh­rungs­qua­li­täten kennen­zu­lernen. Dabei entdeckte ich lange vermisste Gefühle. Auch waren so viele Augen­blicke von Liebe getränkt, die wir aktiv oder passiv teilen konnten. Wir konnten uns erleben, erfahren und bezeugen.

Reparieren
mit Gold

Kintsugi, die japanische Kunst ein gebro­chenes Gefäß mit Gold zu reparieren, kam mir in den Sinn, als ich die Energien im Raum spürte. So viele Emotionen wurden ausgelöst, Erinne­rungen wachge­rufen, so viel Mut bewiesen. Und am Ende hatten viele wunderbare mensch­liche Gefäße heilsame Erfah­rungen gemacht. 

Innerlich habe ich einige Stationen meines Lebens abgeschritten und entdecke Entschei­dungen, die ich hätte anders treffen können. Wege, die ich nicht oder anders hätte gehen können. Ich spüre, dass ich heute so ein wunder­voller Mensch wie Marlen sein könnte; Menschen in diese liebe­volle Art der Selbst­er­fahrung bringen könnte. Vielleicht liegt auch ein Teil meiner Zukunft darin, Feminität zu akzep­tieren, zuzulassen und feiern zu können. Ich bin so dankbar für alles.

Schluss­ge­danken

Nun kehre ich beseelt zurück in die Unordnung der normalen Welt. Noch immer bin ich von Lächeln betrunken und möchte all die Liebe in mir weiter­geben. Ich bin so unendlich dankbar. Umso mehr freue ich mich, dass der Workshop noch zwei weitere Module hat.

Ich möchte diesen Blogeintrag mit einem Song beenden, der mir passend zum Workshop erscheint.

A Strange Education by The Cinematics

Info: Solltest du diesen Workshop ebenfalls besucht haben und du möchtest, dass ich etwas am Text abändere, weil du dich damit nicht wohl fühlst, schreib mir einfach eine E‑Mail.