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Swinger­clubs – Von Jäger­meistern und Turteltrauben

⚠️ Disclaimer: ⚠️ Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Wenn Swinger­clubs genau euer Ding sind, dann dürft ihr sie genauso toll finden, wie sie sind. Dieser Blog beschäftigt sich mit meiner Perspektive auf diese Clubs und keiner muss sie teilen 🙂

Rein ins Vergnügen

Dieser Blog brennt mir jetzt seit einiger Zeit unter den Nägeln und ich wusste nicht so recht, ob ich ihn zu Papier bringen möchte. Aber die vergangene Swinger­party hat mir das letzte bisschen Zündstoff für meine Gedanken geliefert. Also legen wir los, indem ich mich erstmal vorstelle:

Hallo, ich bin Doppelwertig, das nicht-binäre Zauber­wesen und derzeit 35 Jahre alt. Meine Sexua­lität könnt ihr als panse­xuell verbuchen, mit einer Liebe für Masku­li­ni­täten gekoppelt mit dem Hang zu Vulven. Bedeutet, dass ich manchmal in einer richtigen Zwick­mühle stecke: Zum einen fahre ich total auf Männer ab, finde Penisse aber nur so semi inter­essant. Mal ganz zu schweigen von cis männlichem Gehabe. Feminine Dominanz hingegen ist für mich ein absoluter Abtörner und nur hübsch anzusehen. Personen, die mich anmachen sind also zumeist trans Männer oder auch nicht-binär, androgyn oder ander­weitig bunt.

In einer Welt aus ängstlich ihre Hetero­se­xua­lität vertei­di­genden Menschen habe ich es schwer (m)einen Platz zu finden. Die cis Männer, die mich inter­essant finden, wollen zu Hauf einfach irgend­etwas in ihren Hintern gestopft haben, was mir mittler­weile nur ein müdes Lächeln abringt.

So suche ich außerhalb meiner Primär­be­ziehung eher den Zauber dessen, was zwischen einer ersten Begegnung und der Ohnmacht nach einer hochen­er­ge­ti­schen Session liegen kann. In einfach Worten – alles außer penetra­tiver Sex. Ausschließen tue ich diesen natürlich nicht. Garniert ihn mir nur mit genug Glitzer – wenn ihr versteht, was ich meine?

Ein Einblick in die Clubkultur

Lasst mich zu Beginn dieses doch recht persönlich werdenden Blogs einen Blick auf jene Klischees werfen, die so viele Personen von einem Swinger­club­besuch Abstand nehmen lassen.

Einlass – mach dich locker

Es beginnt bei der Einlass-Moneta­ri­sierung: Herren zahlen an die 100 €, Frauen oft so gut wie nichts. Als hetero Paar zahlt man die Hälfte von beiden Eintritten. Bei trans Personen habe ich schon ganz wilde Preise gesehen und komplette Erklä­rungen, was jetzt eine trans Frau, was Damen­wä­sche­träger und was Cross­dresser seien und welcher Preis dann zu zahlen ist. Als queere Person mit trans Hinter­grund empfinde ich das als ekelhaft. Da sind mir Clubs, die alle Personen gleich behandeln lieber. Solche, die es dem Kitkatclub in Berlin gleich machen und eine Familien-Atmosphäre erzeugen wollen. 

Weiter geht es bei den Begrü­ßungs­drinks. Im letzten Club wurden wir mit den Worten "Begrü­ßungs­schnaps?" angesprochen, wobei es sich um Jäger­meister und Amaretto handelte. Wow. Full stop. Dieses Vorglühen, also die ersten zwei Stunden einer Swinger­party mit Mut antrinken zu verbringen, scheint dazuzu­ge­hören. Wenn ich mich erst besaufen muss, um mich in einem Club wohlzu­fühlen, sollte ich dann dort sein? Ich bezweifle es. Richtiger Genuss funktio­niert für mich jederzeit und ich muss mich nicht erst stundenlang in Stimmung bringen. 

Auch wissen die meisten Clubs um ihr Klientel und lassen weiterhin das Rauchen zu. Sehr unangenehm für mich. Ja, nennt mich Moral­apostel, aber ich möchte gerne selbst entscheiden, was in meinen Körper darf. Und das gilt auch für Sucht­mittel wie Nikotin 😉

Des Weiteren sind Alkohol/Drogen ein absolutes Ausschluss­kri­terium für Kontakt mit mir. Personen unter Rauschgift können mir keinen Konsens für irgend­welche Handlungen geben und sind unbere­chenbar. Im privaten Rahmen könnt ihr wirklich spielen, wie ihr wollt, aber ich bin raus. Menschen unter ihren körper­ei­genen Drogen sind wunderbar und schwierig genug zugleich. Eine gute Session macht so high, dass der freie Fall danach schlimm sein kann. Mehr braucht es in einem Club gar nicht.

Kleider machen Leute

Lasst uns von meinem persön­lichen Feldzug gegen Rauschgift weiter­gehen zum Thema Kleidung: Viele rollen die Augen bei Boxer­shorts und Badelat­schen als Club-Outfit, was weithin keine Seltenheit ist. Wenn du dort bist um Sex zu haben, dann willst du die Klamotten halt auch schnell loswerden. Soweit klar. Als Kleidungs­fe­ti­schist muss ich aber sagen, dass ich das meiste Zeug passend zur Party wähle und entweder anlassen kann oder gegen­sei­tiges Entkleiden einbaue. Aber gut, manchmal soll es eben schnell gehen.

Viele Clubs erstellen mittler­weile Kleidungs­vor­schriften für bestimmte Party­mottos, was ich sehr begrüße. So sollen auch mehr junge Leute angezogen werden. Das funktio­niert. Auch wenn ich bei einer kürzlichen Uniform-Party richtig enttäuscht war, als es dann eher Karneval glich, als einem wirklichen Uniform­fe­tischabend. Billige Kostümchen, betrunkene Menschen – schade eigentlich!

Natürlich gibt es auch FKK-Partys, etwas, das mir ganz suspekt ist. Nacktheit ist für mich so natürlich, dass sie mich gar nicht reizt. Ich liebe Saunieren und nacktes Schwimmen, das will ich nicht sexua­li­sieren. Mal abgesehen von dem ganzen Körper­flüs­sig­kei­ten­cocktail. Da mache ich einen absoluten Bogen drum.

Die unbequeme Wahrheit

Vielleicht ist das auch ein guter Zeitpunkt um Krank­heiten und Verhütung anzusprechen. Es ist ein großes Thema, über das sich totge­schwiegen wird.

Ein Großteil der (älteren) Swinger und Polymen­schen sind mit HPV infiziert und geben es munter weiter, da es auch fast unmöglich ist, das nicht zu tun. Was aber genauso für monogames Dating­ver­halten gilt. Also: no shame here. Super viele monogame Dating-Menschen haben Sex ohne Kondom oder lassen sich nicht testen, bevor sie die Dinger in der fest gewor­denen Beziehung weglassen.

Die HPV-Impfung ist leider erst sehr spät ausge­rollt worden und meine Generation ist auch nicht flächen­de­ckend versorgt. Die Kampagnen werben immer noch nur mit Krebs anstatt von den juckenden Warzen zu sprechen, die du vielleicht nie mehr los wirst, auch wenn du dich nachträglich impfen lässt. Wäre eine wirkungs­vollere Kampagne, aber Gott bewahre wir denken daran, dass unsere Kinder auch mal (sehr schnell) Sex haben werden – nee nee. Aber ich schweife ab.

Über Krank­heiten wird in der Szene sehr selten gesprochen, dabei sind sie überall. In Clubs reicht man sich natürlich keine frischen Testergeb­nisse rüber. Das langweilt ja nur. Warzen siehst du nicht, da es viel zu dunkel ist.

Und dann gehen Helga und Heinz munter den nächsten Tag zum Blutspenden, während queere Menschen, die eine Pussy nicht ohne Handschuhe anfassen würden, gleich mal davon ausge­schlossen werden. Da klinge ich schon richtig verbittert, was?

Mehr als Kondome und Haushalts­rollen liegen in den Swinger­clubs nicht aus. Gute Clubs, wo auch BDSM prakti­ziert wird, haben auch noch Desin­fek­ti­ons­mittel im Angebot. Weiße Handtücher sind immer ein gutes Zeichen für Kochwäsche. Sind sie kräftig bunt und extra flauschig, kann man skeptisch werden. Aber genug der unbequemen Hygiene-Details.

Waidmannsheil

Wenn sich Frauen* dann doch mal in einen Club getraut haben, lässt sich immer ein bestimmtes Schau­spiel beobachten: Eine Traube von Single Männern verfolgt sie durch den Club. Je kleiner die Anzahl von Personen, desto schlimmer wird die Verfol­gungsjagd. Du musst eben schnell sein, wenn du eine Chance haben willst. Irgendwo ein Egoboost – am I right? Mann, ich muss ja wohl das hübscheste Wesen auf dem Planeten sein, wenn mich so viele verfolgen! Oder eben einfach da.

Um den Club nicht völlig damenlos zu lassen, werden auch häufig Sexar­bei­te­rinnen gebucht, die dort für ein Honorar ihren Abend verbringen. Diese haben dann oft ein Profil auf gängigen Platt­formen und locken so Herren an. Eigentlich ein echt gutes Konzept. Gerade für Clubs, die jeden Tag offen haben, ein lohnendes Geschäft.

Ich muss aller­dings sagen, dass der Eintritts­preis für die geringe Chance auf Erfolg bei einem leeren Club eher zu hoch ist. Da würde ich lieber die Dienst­leistung einer Sexar­bei­terin in Anspruch nehmen oder ein Bordell besuchen. Ist effek­tiver und weniger frustrierend.

Denn es ist nicht so einfach Kontakt aufzu­nehmen, während sich poten­tielle Weibchen* im Barbe­reich aufhalten – dann lieber hinterher laufen und ohne viel reden auf einer der Spiel­wiesen ran. So muss die betref­fende passive Person dann schon viel Toleranz mitbringen oder gut in der Kommu­ni­kation sein, um genau das zu bekommen, was sie braucht. Aber hey, viele Menschen sind da sicher weniger kompli­ziert und trauma­ti­siert als ich.

Oder ist vielleicht das der Grund, warum Swinger­clubs immer unbeliebter werden und sexpo­sitive Partys mit einer meter­dicken Konsens­kultur der letzte Schrei sind?

Beim Swingen gibt es eben selten Gespräche, die wir von queeren Partys gewöhnt sind. Und ich meine damit keinen langwei­ligen Smalltalk”. Es geht um Körper und Konsens: Wo möchtest du wie angefasst werden? Was sind deine Tabuzonen? Möchtest du etwas bestimmtes erleben? Was triggert dich und wie sieht es aus, wenn du abstürzt? Ich würde dich gerne da und da berühren, ist das okay? Welche Spiel­arten magst du? Und so weiter…Mich inter­es­siert nicht das Wetter oder was du beruflich machst. Lass uns überprüfen, ob das mit uns auf der Play-Ebene passt.

Tja, ist ja ein Swingerclub – da geht doch jeder davon aus, dass dort sein sagt mit dir ist alles möglich” oder nicht? Hier gilt es jeden­falls, Grenzen gut abzustecken. Kudos an alle, die gut darin sind, ohne gleich wütend zu werden oder zu disso­zi­ieren (sprich: ihren Körper zu verlassen). 

Auf die Ausstattung und den Look kommt es an

Viele Clubs machen sich auch die Mühe, ein Thema umzusetzen. Oft sehr liebevoll. Das will ich auf jeden Fall würdigen. Es muss schon echt anstrengend sein, einen Club halbwegs sauber zu halten. Überall gibt es Handtücher und Wäsche­sammler. Super!

Ein persön­liches Unding sind für mich die Spiel­wiesen. Das Konzept eines mit Leder ausge­pols­terten flachen Raums, in dem ich nur kriechen kann, sagt mir gar nicht zu. Von jeder Seite aus können Personen dazu kommen, soweit ja auch der Plan. Jemanden abzulehnen ist gar nicht so einfach. Im Swingerclub lässt man dann ggf. doch mehr Menschen zu, als man in das heimische Schlaf­zimmer gelassen hätte. Als Partner einer Frau* ist man dann doch irgendwie dauernd der Aufpasser. Anstren­gender Job, aber wem es Spaß macht, darf das natürlich gerne genießen. Es gibt genug Paare, die es lieben.

Auf den Spiel­wiesen bzw. in den Spiel­räumen sind vielfach auch keine Getränke erlaubt. Ich war baff, als ich vom Personal auf mein Glas Wasser angesprochen wurde. Was soll ich denn bitte tun, wenn mir beim Spielen jemand abstürzt? Flüssigkeit gehört zu den ersten Auffang­mitteln. Da renne ich bestimmt nicht mal eben zur überfüllten Bar! Das hat mich dazu alarmiert, ab jetzt immer eine kleine Wasser­flasche in meiner Spiel­tasche zu lagern.

Schön finde ich Clubs mit einer großen Anzahl von Separees, wo sich auch mal zu zweit oder dritt zurück­ge­zogen werden kann. Zu oft habe ich aber schon gelesen, dass sich gerade bei Kabinen ungebetene Gäste hinzu­ge­mogelt haben, Türen aufge­macht oder Körper­teile entge­gen­ge­halten worden, ohne das Interesse bestand. Es klingt anstrengend, alles abzulehnen und mit sich selbst binnen Sekunden verhandeln zu müssen, wie mit der Situation umzugehen ist.

Auch darf das Essen im Club nicht fehlen. Es wird erwartet, dass man für den Eintritts­preis verköstigt wird. Es gibt große Buffets mit Küchen­per­sonal und einen eigenen Essbe­reich. Der wird die ersten Stunden des Events auch mehr als ausgiebig genutzt. Es ist fast so, als würden Viele den Club eher für das so hoch gelobte frivole Ausgehen” besuchen, als für den Sex.

Das gibt es also auch, denn fast jeder Club hat eine Bar mit Tanzfläche. Musik ist ein absolutes Streit­thema und wer da nicht gut im Ausblenden ungeliebter Musik ist, fällt schnell raus. Party-Schlager und Salsa-Rhythmen gefallen eben nicht allen (mich einge­schlossen – gebt mir Rock, Gothic oder Metal 🤘). Da ist aber gerade richtig was im Wandel, denn immer öfter gibt es auch Veran­stal­tungen, die rockigere Themen bieten und diese mit BDSM verknüpfen. 

Der perfekte Club

Nun habe ich einiger­maßen vom Leder gezogen. Dann will ich euch aber auch verraten, wie mein perfekter Club aussehen würde.

Fangen wir vorne an mit den Basics:

  • Eintritt für alle Personen gleich.
  • Absolutes Drogen- und Alkohol­verbot. Keine alkoho­li­schen Welcome-Drinks.
  • Doorbitch für die Outfitkontrolle
  • Ein Awareness-Team in Form von FLINTAs, das rumgeht und ständig die Lage checkt.
  • Es braucht auch Security für den Notfall, denn cis Männer will ich in meinem perfekten Club nicht ausschließen. Da kann es aber auch schon mal zu Meinungs­ver­schie­den­heiten kommen.

Verschiedene Bereiche mit unter­schiedlich lauter Musik wären cool, sodass Reden, Play und Tanzen möglich sind. Da gibt es in Deutschland schon echt coole Konzepte in Kombiclubs, die nicht nur für Swinger konzi­piert sind.

Veran­stal­tungen mit Motto sind mega. Dazu dann auch passend ein Dresscode.

Vom Licht her muss es beides geben: Räume mit warmem Licht, in denen risiko­ärmer gespielt werden kann (BDSM ist ja immer Risiko blabla) und auch Darkrooms. Dazu zählen für mich auch Separees mit beiden Optionen. Es muss viele Räume für 2 bis 3 Personen geben, damit Privat­sphäre und Rückzug genossen werden können. Ich habe schon Partys gesehen, wo durch große Laken alles getrennt wurde. Auch eine nette Idee mit der richtigen Crowd.

Ich spiele am liebsten mit Körper­po­si­ti­ons­wechsel. Das heißt, dass eine Boden­matte mit freier Wand daneben perfekt ist. Ich will sowohl jemanden wie Beute umkreisen können, als auch mit vollem Körper­kontakt aufliegen. Passiv gilt selbst­ver­ständlich das Gleiche. Eine gute Session lebt von Energie­wechseln, das sorgt aber auch dafür, dass mich die meisten BDSM-Möbel extrem kalt lassen. Sie sind oft an Stellen platziert, wo es zu dunkel, zu laut oder mitten im Durchgang ist. Mein BDSM ist irgendwie anders, schätze ich.

Mehrere Duschen finde ich wichtig und Toiletten, die vom Trubel abseits sind, braucht es auch. Mit einer Tür davor, die die Gerüche drin hält. Eine Sauna ist optional aber schon echt cool.

Das war es dann auch schon. So viel Anspruch habe ich gar nicht.

Kompli­ziert, I guess 

Tja, was sucht dann nun ein Tierchen wie ich auf einer Swinger­party? Da muss ich wohl etwas ausholen, warum ich mich immer auch als swinky” gesehen habe. Ich wollte das alles ist möglich” wohl nie ausklammern. Lasst mich euch im Folgenden von ein paar meiner Ausflüge berichten.

Mein erster Swinger­club­besuch fand in einer primi­tiven Trucker­ab­steige in der Nähe von Leipzig statt. Einer dieser Orte, der nur für Menschen mit großem Interesse an Herren­über­schuß oder Gangbang inter­essant sein dürfte. Ich ließ mich darauf ein, weil ich 2016 einfach mal alles auspro­biert habe. Ich kam aus einer asexu­ellen Beziehung, habe in dem Jahr einiger­maßen überkom­pen­siert und mich in der Sexua­lität anderer Menschen verloren. Wenn mich dieser Ort eins gelehrt hat, dann dass ich nie wieder so einen Satz wie Fickt die auch?” über mich gesagt hören will. Ein bisschen ekele ich mich über das, was dort gelaufen ist. Besonders der Typ, der seine Finger aus mir nahm und dann an der Plüsch­decke abwischte, anstatt ein Tuch zu nehmen, zählt da besonders rein. Aber nun gut.

Einen Club später sitzen wir im Videoraum, wo vor uns ein Porno läuft. Genauer gesagt eine College-Party, wo auch ein Clown dabei ist. Die Bilder haben sich in mein Hirn gebrannt. Irgendwann stupst mich ein Penis durch die Rückwand an. Ich hatte nichtmals gemerkt, dass da ein Loch ist. Ich lache und weiß gar nicht wirklich, was ich jetzt damit tun soll – Stimmung ist jeden­falls keine da.

Spulen wir ein wenig vor. Der nächste tradi­tio­nelle Swinger­club­besuch dürfte 2018 gewesen sein. Immerhin eine Bi-Party. Überall Leute in Badelat­schen, Schlüpfern und billigen Kleidchen. Ich trage ein süßes Schwarz/Weißes Outfit mit Strapsen. Mein Mann rockt sogar Hemd, Krawatte und Anzughose. Overdressed sein ist nie ein Problem für mich – ich liebe es sogar.

Wir landen irgendwann oben auf einer dieser Spiel­wiesen, wo man nicht weiß, wo der Raum beginnt und endet. Ich liege auf dem Rücken und drei/vier Dudes um mich herum. Mein Mann ist mit dabei. Er erzählte mir später, dass er disso­ziiert ist. Der Anblick war für ihn so surreal. Und dabei war er doch die treibende Kraft für Swinger­clubs, da er sie als Solomann immer gerne frequen­tiert hat. Von mir hat er den Nicknamen Machine” auch nicht umsonst erhalten.

Irgendwer hat mir hier auch an die Brust gefasst – stimmt, es gab kein Gespräch darüber, dass ich das überhaupt nicht mag. Gut, da gibt es auch nichts zu fassen, also ist die Hand auch sofort wieder weg. In der gleichen Szene will mich auch ein Dude lecken, was ich als Seestern, sprich auf dem Rücken liegend, absolut furchtbar finde. Lecken mag ich nur als Dom oder 69, wenn ich oben liege. Keinerlei Konver­sation über irgendwas, in der Situation nix gesagt, sondern ausge­halten. Tja, das gute alte Thema, nech?

Auf einer anderen Party hörte ich aus dem Neben­zimmer Quiek­ge­räusche. Ich war super happy und dachte "oh, macht da jemand Petplay und sie ist ein Schweinchen?” Erst viel später merkte ich, dass hier eine Menge Franzosen waren und sie wohl oui, oui, oui” gesagt hatte. Uff, war ich enttäuscht, aber nun amüsiert diese Situation ganz viele Bekannte.

Auf der gleichen Party haben Leute den Raum verlassen, weil mein Mann mir ein bisschen den Hintern geklatscht und auch meine Oberschenkel mit Faust­schlägen geküsst hat, wodurch ich als natür­liche Reaktion lachen musste. War halt der SM-Raum, dachte ich?

Ein paar Clubbe­suche später treffen wir ein nettes Paar und der Abend verläuft etwas anders. Sie steht auf Gruppensex und viele Männer. Schön – lässt sich arran­gieren. Ich drifte völlig weg, als jemand seine Hand auf meine legt, während die Finger von jemand anderem in mir sind. Nicht, dass vorher mal ein Wort gewechselt worden wäre, ob ich Fingern mag. Kudos an meine weiblichen Spiel­part­ne­rinnen, die es besser wussten und auch mit ihren Fingern besser umgehen konnten.

Jedoch die fremde Hand auf meiner – das war intim. Das hat mich gekillt. Es gibt Zonen, die ich an meinem Körper nicht ausstellen” kann, selbst wenn ich disso­ziiere. Das sind meine Hände und Füße. Intim ist im Zweifel nicht das, was ihr erwartet.

Uff, und nun?

So viel zu einigen erlesenen Bruch­stücken aus meinen Swingerclub-Ausflügen. In der Retro­spektive hat keiner dieser Clubbe­suche funktio­niert. Es gab immer Übergrif­fig­keiten, ausge­blendete Gefühle oder irgendwas, das sich nicht richtig angefühlt hat. Und ich irgendwo zwischendrin, unfähig zu kommu­ni­zieren. Richtig schlechter Nährboden für eine gute Sexualität.

Vielleicht war ich es von meinen vielen weiblichen und queeren Partner:innen auch einfach zu sehr gewöhnt, dass sie meine Signale lesen können und intuitiv wissen, wie mein Körper angefasst werden möchte. Genauso haben alle sich immer gut infor­miert und fortge­bildet. Und nicht auf einer oberfläch­lichen selbst­herr­lichen Ebene, um mit Selbst­ver­bes­serung zu prahlen, sondern wirklich ehrlich.

Ich freue mich also über jede Person, die es liebt, nicht kommu­ni­zieren zu müssen und für die absolut jede Berührung einfach nur geil ist. Ich gehöre nicht dazu. Ich brauche alles auf ganz bestimmte Art und Weise. Deshalb bin ich lieber aktiv und leide still darunter keine Erfüllung meiner passiven Wünsche zu erfahren. Da kommt viel Traurigkeit hoch.

Das lässt sich in diesen Clubs nicht finden.

Es lässt sich auch nicht mit diesen Menschen finden. Du kannst sie auch nicht verändern, in zig Workshops jagen oder ihren Horizont erweitern. Das kostet einfach zu viel Kraft und es ist auch nicht meine/unsere Aufgabe. Sie müssen den kleinen Zeh wohl mal selbst in die Pools stecken, die anders sind als das, was sie gewohnt sind. Jeden­falls wenn die Spaltung von sexpo­si­tiven und Swinge­re­vents nicht noch größer werden soll.

Also suche ich weiter, bis ich meinen kleinen Kreis weit genug erweitert habe.