Für diesen Blogeintrag möchte ich eine zweite große Form von Erniedrigung beleuchten und mein eigenes Bild davon malen: Feminisierung.
Um meinen Text richtig zu deuten, ist es notwendig etwas Hintergrundinformation zu meiner Person zu kennen. Ich schreibe aus einer nicht-binären Sicht, denn ich lebe weder männlich noch weiblich. Dabei bin ich ein Wesen mit ganz eigenen Regeln. Ebenso sind meine Rollen im BDSM vielseitig: Dominus, KampfSub, Universe, Little und/oder Pet. Meine persönlichen Beziehungen gestalte ich polyamor. Zusätzlich spielt sich mein Online-Leben auf diversen Portalen ab, wo ich Content in Bild und Videoform erstelle. Außerdem habe ich eine Vorliebe, als Dominus Wichsaufgaben zu verteilen, getragene Wäsche anzubieten und Menschen auf Coaching-Basis zu betreuen.
Rollenbilder
Als Transperson bezeichne ich es mal als etwas Natürliches, sich mit Crossdressing, Feminisierung und Sissys auseinanderzusetzen. Daran kommt Mensch quasi nicht vorbei. Es war für mich nicht einfach, einen Standpunkt zu entwickeln und ich habe mir sehr viel Zeit gelassen. Zuerst einmal war da dieser durchtriefende Frauenhass, der sich in all der Erniedrigung erkennen ließ. Jemandem vorzuwerfen, dass er lächerlich aussieht, alles falsch macht, sowas gar nicht tragen sollte – sehr schwierig für mich. Ich lebe doch die Meinung, dass Kleidung für Körper geschaffen wird, nicht für das, was die Gesellschaft in diesem Moment als Geschlechter definiert. Es gibt nur Menschen.
Sowas wie Crossdressing als Konzept ist also schlicht Bullshit.
Du trägst, was dir gefällt. Ende. Dieses Gedankenspiel musste ich mit der „normalen” gesellschaftlichen Gegebenheit in Einklang bringen. Warum ist es witzig und lächerlich, wenn ein Mann ein Kleid mit Heels trägt? Wieso ist es erniedrigend, ein rosa Tütü zu tragen? Solche Eingrenzungen haben mich traurig gemacht. Natürlich sind wir alle gesellschaftlich misogyn erzogen und es ist falsch, jemandem diese Geisteshaltungen vorzuwerfen.
Dennoch musste ich entscheiden, wie und ob ich damit umgehen möchte. Ich begegnete vielen Männern, die Crossdressing liebten, aber Transgender (ausschließlich Transfrauen) ablehnten. Da war eine „ich bin trotzdem ein Mann und will gar keine Frau sein”-Haltung, die aus einer „ich bin besser”-Mentalität erwuchs. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Nicht-binär leben sorgt dafür, dass ich sehr schnell spüre, ob mich jemand als weiblich sieht. Meine Identität ist mir wahnsinnig wichtig. Merke ich, dass jemand sich nicht in einer Zwischenwelt aufhalten kann, wird es schwierig. Vielfach hat das zu Diskussionen geführt. Diese mündeten gleichermaßen oft in Einsicht, Selbstarbeit und Dankbarkeit, wie auch in Kontaktabbruch.
Den inneren Hass auf Frauen zu bearbeiten, ist eine harte Sache.
Solange die Kasse klingelt?
Also Stand ich an der Schwelle zum Bezahlbereich und musste überlegen, was ich für Geld anbieten wollte. Ist es mir da egal wie mich jemand sieht? Lasse ich mich mit dem falschen Geschelcht ansprechen? Ist es mir egal, dass hinter der Rosa-Röckchen-Erniedrigung Frauenhass steht? Die Antworten lauteten: ja, nein und ja. Auf finanzieller Basis mache ich einige Abstriche. Zwischen uns wird aber immer mehr als nur die professionelle Distanz bleiben. Geht es bei der Feminisierung direkt nur um Erniedrigung, reizt mich nur das Machtgefühl an diesem Spiel. Da mir das Thema Geschlecht so dermaßen nah geht, kann ich einem geliebten Menschen nicht den Hass ins Gesicht schlagen lassen, der mir tagtäglich widerfährt, wenn ich als schwuler Mann gelesen werde.
Gleichwohl gibt es in diesem Fetisch einen großen Reiz für mich. Er liegt vor allem darin, anderen das Gefühl zu geben, schön zu sein und sich wirklich schön fühlen zu dürfen. Dicht gefolgt von meiner Liebe für Kleidung, sowie andere ein- und anzukleiden. Es gibt nichts Tolleres als gemeinsames Shopping und dieser verstohlene “Darf ich das wirklich?”-Blick dabei. Diese Freiheit zu erleben, mitzufühlen und Freude zu spüren, ist einmalig. Ich liebe es, Wärme und Verständnis in einer Welt voller Hass zu spenden.
Bei der Feminisierung im Online Bereich wird u. A. die getragene Kleidung des Doms verkauft, um der doch so „unansehnlichen Vogelscheuche” weiterzuhelfen. Von High Heels, über Spitzenunterwäsche bis hin zum Make-Up-Täschchen ist hier alles dabei. Erniedrigung ist der fast ausschließlich anzutreffende Ton.
Die negativen Seiten
Zu der gewollten Erniedrigung als Sissy im Online-Bereich stellt sich oft ungewolltes Shaming gegenüber. Wenn beispielsweise Scham kein Teil unseres Spiels ist und sich eine außenstehende Person lustig macht, wird es unangenehm. Leider seheich sehr oft die Abscheu der Masse auf Kink-Partys. Wenn es nicht gerade die super extrovertierte Drag-Queen oder die perfekt schlanke, niedliche Transsub ist, hagelt es Ablehnung. Je weniger der Schützling wirklich „als Frau” durchgeht, desto mehr wird abgelehnt. Das ist unendlich traurig, besonders wenn das eigentlich nicht gewünscht ist – wenn Erniedrigung kein Teil des Fetisches ist. Du möchtest einfach nur schön sein und wirst angegriffen. Ich kürze das mal ab, weil es alles zu Kleidungselite, Bodyshaming, Ageshaming, Passing und Schönheitszwang gehört.
Schlussgedanken
Eine Haltung zu diesem Thema zu entwickeln ist als Trans*mensch noch schwieriger als es für einen inklusiven feministischen cis Mensch sein wird. Außerdem will ich hervorheben, dass jede Person das Recht hat, den ganz eigenen Weg zu gehen. Alles was bei einer, zwischen zwei oder mehr Personen unter Konsens hinter verschlossenen Türen passiert, hat jedes Recht zu existieren. Kein Kink gehört verurteilt, ganz egal wie sehr er uns politisch widerspricht, persönlich nicht gefällt oder verletzt.